Freitag, 13. August 2010

Reisebericht: Dresden-Hamburg. Und zurück? [Update]

Mit dem Ende der Schulferien in Sachsen ist für viele auch der Sommerurlaub beendet. Ein kurzer Reisebericht über die Zugfahrt Dresden - Hamburg - Dresden zeigt erneut die Defizite im System Bahn.

Die Reise wurde vor vielen Wochen gebucht, um die Verbindung 100%ig abzusichern. Direktverbindungen durften aufgrund der Servicezeiten nicht gebucht werden, obwohl damit alle Anschlussprobleme ausgeschaltet gewesen wären.

Also begann die Reise später und eine ICE-Verbindung mit zweifachem Umstieg und einer längeren Reisezeit wurde gebucht. Der Wechsel in Leipzig funktionierte problemlos, die Umsteigezeit ist dort sowieso immer reichlich. Allerdings stand der Zug in umgekehrter Reihenfolge am Bahnsteig.

In Berlin wollte die Zugbegleiterin auf den knapperen Anschluss positiv einwirken und hielt die Tür frei. Der nötige Hublift dagegen war weit und breit nicht zu sehen. Sie ging auf die Suche und telefonierte ganz angestrengt. Einige Flüche später war dann am "Horizont" ein Rotkäppchen mit Hublift zu sehen - und musste aufgrund der gedrehten Wagenfolge den kompletten Bahnsteig abschreiten. Im zügigen Tempo konnte der Anschlusszug erreicht werden und Hamburg war nicht mehr weit.

In Hamburg konnten U- und S-Bahn ausgiebig getestet werden - ohne Voranmeldungen und mit ausnahmslos freundlichem Personal. Auch am späten Abend nach 23 Uhr erfolgte eine aufmerksame und zuvorkommende Hilfe bei der Suche nach einer alternativen Route aufgrund eines defekten Fahrstuhls. Vorbildlich!


Die Tage in Hamburg waren viel zu schnell vorbei und so stand bereits wieder die Rückreise auf dem Plan. Gebucht wurde Hamburg-Berlin mit ICE, dann weiter mit RE (Regional-Express) und RB (Regionalbahn) über Elsterwerda. Durch einige Probleme (und einen außerplanmäßigen Halt in Berlin-Spandau) fuhr der ICE im Berliner Hauptbahnhof schließlich mit einer halben Stunde Verspätung ein (planmäßige Ankunft 14:52 Uhr). Der Anschluss war damit knapp, aber angemeldet und durchaus machbar. Immerhin sollte die Priorität des ICE den RE warten lassen.

Ist die Bahn schon weg?

Im Fahrstuhl sahen wir dann ungläubig: unser Anschlusszug fuhr los - ohne uns! Die Servicemitarbeiterin, die uns begleiten sollte, war ebenso fassungslos wie wir. Allerdings ist man auf dem Bahnhof offenbar dazu übergegangen, ungeschultes und verantwortungsbefreites Aushilfspersonal einzusetzen, denn die Dame hatte weder ein Diensttelefon noch einen Schlüssel für das Hubgerät. Die verantwortliche (offizielle) Mitarbeiterin des Mobilitätsservice lächelte freundlich, aber ahnungslos. Sie versicherte, dass eine Zugpriorität garantiert nicht existieren würde und Züge generell nicht auf andere Verbindungen warten würden.

Sie telefonierte nun minutenlang herum und schickte uns schlussendlich wieder zurück auf den gleichen Bahnsteig, von dem wir gerade gekommen waren. Dort sollte der EC (Eurocity) um 16:36 Uhr abfahren, der nur wenige Minuten nach unserer geplanten Verbindung in Dresden angekommen wäre. Als Dresdner läuten beim Typ EC sofort die Alarmglocken, denn diese Züge haben in der Regel überhaupt keinen Rollstuhlplatz! Die Mappe der Bahnmitarbeiterin wies den Wagen 259 jedoch mit einem Rollstuhlsymbol aus.

Der Zug kam. Wir mussten bleiben. Denn natürlich hatte dieser EC keinen Rollstuhlplatz. Die Servicemitarbeiterin hatte also einfach nur den nächstbesten Zug nach Dresden herausgesucht, ohne weitere Prüfung, ob überhaupt ein entsprechender Platz vorhanden bzw. dieser dann auch frei ist!

Ab diesem Moment haben wir unsere Verbindung dann zur Chefsache erklärt. Der Leiter Kundenmanagement kümmerte sich nun darum, dass die ICE-Verbindung 16:57 Uhr über Leipzig genutzt werden konnte. Erklärt wurde uns in diesem Zusammenhang, dass die Zugpriorität folgendermaßen funktionieren würde: ein ICE würde auf einen RE warten, nicht jedoch anders herum. Aha! Dann haben wir also eigentlich Glück, dass Regionalzüge nicht zuschlagpflichtig sind...

In Dresden ist der ICE pünktlich um 20:14 Uhr eingefahren - 1,5 Stunden nach unserer geplanten Ankunft. Insgesamt eine Fahrt von mehr als 7 Stunden, die als Direktverbindung nur reichliche 4 Stunden gedauert hätte. Das die Toilette im Zug nicht von jedem genutzt werden kann, wurde dabei noch gar nicht erörtert.

Fazit

Die von Frau Engel, der Behindertenbeauftragten der Deutschen Bahn, als Einzelfall abgetanen Vorkommnisse finden so immer wieder und tagtäglich statt. Eine firmeninterne Kommunikation - z.B. von Bahnhof zu Fahrzeug - findet nicht statt. Hintergrundinformationen wie z.B. Wagenfolge oder Rollstuhlplatz, die man beim Kunden voraussetzt, sind den eigenen Mitarbeitern unbekannt. Schulungen scheinen unterdessen nicht mehr stattzufinden. Es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern um klare Missstände in Organisation und Datenhaltung!

Es ist überaus schade, dass auf diese Art immer wieder schöne Urlaubstage verdorben werden! Man hat zunehmend den Eindruck, dass das System darauf ausgelegt ist, so wenig mobilitätseingeschränkte Reisende zu befördern, wie nur irgend möglich...

Doch so viel sei verraten: die nächste Fahrt kommt bestimmt.

Update:
Zwischenzeitlich wurde die Schilderung der Reise an DB Dialog in Berlin übermittelt. Vermutlich wird die Bearbeitung auch einige Wochen in Anspruch nehmen. Falls es eine Antwort gibt, wird diese an geeigneter Stelle des Blogs erscheinen...

2 Kommentare:

  1. 01.01.11: Der EC 179 verkehrt im neuen Fahrplan nunmehr aus Szcecin kommend über Berlin und Dresden nach Prag - mit dem bekannten tschechischen Wagenmaterial ohne Rollstuhlstellplatz. Er wird im Hauptbahnhof Berlin unverändert auf dem Wagenstandsanzeiger mit Rollstuhlsymbol falsch ausgewiesen.

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  2. Ja, da ging so einiges schief, was schiefgehen kann. Aber ist ja noch alles gut ausgegangen. Deine nächste Bahnreise kommt und ich bin froh, dass es dir nicht die Lust aufs Reisen genommen hat! Liebe Grüße

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